Immobilienverkauf aus Verlassenschaft: Ablauf, Steuern & Checkliste

Immobilienverkauf aus Verlassenschaft (Österreich): Ablauf, Optionen, Steuern & Checkliste

Wenn eine Immobilie vererbt wird, stellt sich oft schnell die Frage: Vermieten, behalten – oder verkaufen? Beim Verkauf aus einer Verlassenschaft (Nachlass) gibt es in Österreich ein paar Besonderheiten: Wer darf überhaupt unterschreiben? Braucht man eine Genehmigung? Welche Steuern fallen an?


Die wichtigste Antwort zuerst (für schnelle Leser)

Ja, eine geerbte Immobilie kann verkauft werden – aber der “richtige” Zeitpunkt ist entscheidend:

  • Vor der Einantwortung (also während des Verlassenschaftsverfahrens) ist ein Verkauf grundsätzlich genehmigungspflichtig durch das Verlassenschaftsgericht. RIS
  • Nach der Einantwortung sind die Erben im Regelfall grundbücherliche Eigentümer und können wie “normale” Eigentümer verkaufen.

Begriffe kurz erklärt

Verlassenschaftsverfahren
Gerichtliches Verfahren nach einem Todesfall. Notare führen es als Gerichtskommissär im Auftrag des Bezirksgerichts.

Einantwortung / Einantwortungsbeschluss
Die gerichtliche Übergabe der Verlassenschaft an die Erben; der Einantwortungsbeschluss zeigt, wer zu welcher Quote erbt.

Erbengemeinschaft
Mehrere Erben teilen sich die Immobilie – Entscheidungen brauchen meist Einigkeit (oder klare Vereinbarungen).


Zwei Wege zum Verkauf: vor oder nach der Einantwortung

Option A: Verkauf aus der Verlassenschaft (vor Einantwortung)

Das kann sinnvoll sein, wenn z. B. schnell Liquidität gebraucht wird oder die Erben eine rasche Lösung wollen.

Wichtig: Veräußerungen von Nachlassgegenständen sind vor Einantwortung genehmigungspflichtig, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören. RIS
In der Praxis bedeutet das: saubere Unterlagen + gerichtsfeste Preisfindung (oft über Gutachten/Marktwert-Nachweis).

Vorteile

  • Schneller Abschluss möglich (je nach Verfahren/Abstimmung)
  • In manchen Konstellationen können Doppelschritte (z. B. erst umschreiben, dann verkaufen) reduziert werden

Typische Hürden

  • Gerichtliche Genehmigung & formale Anforderungen
  • Abstimmung zwischen Erben, Notar, Käuferseite, Finanzierung

Option B: Verkauf nach Einantwortung (klassischer Eigentümerverkauf)

Nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens können die Erben wie Eigentümer verkaufen.

Vorteile

  • Verkauf läuft meist “normal” wie bei jeder Immobilie
  • Weniger gerichtliche Formalitäten

Wichtig zur Grundbuch-Frist
Sind Liegenschaften im Nachlass, muss binnen 1 Jahr nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens die grundbücherliche Durchführung veranlasst werden (sonst macht der Gerichtskommissär entsprechende Anträge). Österreich
(Das ist keine “Verkaufspflicht”, aber eine wichtige Frist im Hintergrund.)


Wenn mehrere Erben beteiligt sind: 4 typische Lösungen

  1. Gemeinsam behalten & nutzen
  2. Vermieten & Einnahmen teilen (Achtung: zu versteuern!)
  3. Auszahlung: Ein Erbe übernimmt und zahlt die anderen aus
  4. Gemeinsam verkaufen und Erlös nach Quote teilen

Wenn keine Einigung gelingt, drohen teure, langwierige Konflikte – im Extremfall gerichtliche Schritte und Zwangsversteigerung.


Steuern & Kosten: Was fällt in Österreich typischerweise an?

1) Gibt es eine Erbschaftssteuer in Österreich?

Nein. Seit 1. August 2008 fallen keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr an. Grundstücke unterliegen bei unentgeltlicher Übertragung aber weiterhin der Grunderwerbsteuer. Österreich

2) Grunderwerbsteuer (GrESt) bei Erbschaft

Erwerben Sie die Immobilie von Todes wegen, gilt das als unentgeltlicher Erwerb – dafür kommt grundsätzlich der Stufentarif zur Anwendung:

(Bemessungsgrundlage und Details hängen vom Einzelfall ab – Notar/Steuerberater berechnet das üblicherweise.)

3) Immobilienertragsteuer (ImmoESt) beim späteren Verkauf

Beim Verkauf kann ImmoESt anfallen – je nach steuerlicher Einordnung (Alt-/Neuvermögen) und Befreiungen:

  • Bei pauschaler Ermittlung (Altvermögen-Beispiel) wird ein Anteil als Einkünfte angesetzt und mit 30 % besteuert; das entspricht in der Pauschalbetrachtung 4,2 % vom Verkaufserlös. Bundesministerium für Finanzen

4) Hauptwohnsitzbefreiung (kann ImmoESt verhindern)

Ein Verkauf kann von der ImmoESt befreit sein, wenn die Immobilie als Hauptwohnsitz gedient hat – typischerweise entweder:

Gerade bei geerbten Immobilien ist die 5-Jahres-Regel in der Praxis oft relevanter. Bundesministerium für Finanzen+1

5) Verfahrenskosten (Notar & Gericht)

Im Verlassenschaftsverfahren fallen typischerweise an:

  • Notarsgebühr als Gerichtskommissär (wert-/aufwandsabhängig)
  • Gerichtsgebühr: 5 Promille des reinen Verlassenschaftsvermögens (mind. 95 €) Österreich

Checkliste: Diese Unterlagen helfen beim Verkauf (Praxis-Liste)

  • Einantwortungsbeschluss (falls bereits vorhanden)
  • Grundbuchsauszug (Eigentum/Lasten)
  • Personaldokumente der Erben + Quoten/Vertretungen
  • Energieausweis (sofern erforderlich)
  • Pläne, Nutzwertgutachten (bei Wohnungseigentum), Einreichplan (wenn vorhanden)
  • Betriebskosten/Abrechnungen, Rücklagenstand (bei Wohnung)
  • Mietverträge (falls vermietet)
  • Nachweis über Investitionen/Sanierungen (hilft auch steuerlich)
  • Bei Verkauf vor Einantwortung: Unterlagen für gerichtliche Genehmigung (je nach Fall) RIS

Häufige Fehler (die Geld kosten können)

  • Zu früh zusagen, obwohl die Unterschrifts-/Genehmigungslage noch unklar ist
  • Erbengemeinschaft ohne klare Abmachung (Kosten, Nutzung, Vermietung, Verkauf)
  • Steuerbefreiungen nicht prüfen (Hauptwohnsitz!)
  • Zeitdruck durch Leerstand, Betriebskosten, Sanierungsbedarf unterschätzen
  • Preis ohne belastbare Marktwert-Herleitung festsetzen (Konfliktpotenzial unter Erben)

FAQ

Darf ich als Erbe eine Immobilie sofort verkaufen?
Nicht “einfach so”: Vor Einantwortung ist ein Verkauf regelmäßig genehmigungspflichtig. Nach Einantwortung können die Erben als Eigentümer verkaufen.

Brauche ich die Zustimmung aller Erben?
In der Praxis: Ja, wenn alle Miteigentümer betroffen sind. Ohne Einigung drohen Konflikte und im Extrem gerichtliche Lösungen.

Gibt es eine Erbschaftssteuer in Österreich?
Nein – seit 1.8.2008 nicht. Aber Grunderwerbsteuer kann bei unentgeltlicher Übertragung anfallen.

Welche Steuer fällt beim Verkauf an?
Häufig die Immobilienertragsteuer (ImmoESt) – außer es greift z. B. die Hauptwohnsitzbefreiung.

Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Kontaktieren Sie uns gerne!

Manuel Plachner, MSc MRICS